Beschluss vom 28.11.2024 -
BVerwG 1 WB 30.24ECLI:DE:BVerwG:2024:281124B1WB30.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.11.2024 - 1 WB 30.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:281124B1WB30.24.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 30.24
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Messelhäußer und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Hoffmann
am 28. November 2024 beschlossen:
- Die zum Stichtag 31. Juli 2021 für den Antragsteller erstellte planmäßige Beurteilung, die zum selben Stichtag erstellte Personalentwicklungsbewertung, der Beschwerdebescheid des Inspekteurs ... vom 9. Mai 2022 und der Bescheid des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 15. März 2023 werden aufgehoben.
- Das Bundesministerium der Verteidigung wird verpflichtet, eine Neuerstellung der Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu veranlassen.
- Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der ihm im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Der Antrag betrifft die planmäßige Beurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021 und die parallel erstellte Personalentwicklungsbewertung.
2 Der ... geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem 3. Juli ... enden.
3 Der Antragsteller ist nach einer ersten Dienstzeit als Soldat auf Zeit vom 1. November 2000 bis zum 31. Oktober 2008 und einem Universitätsstudium 2016 als Wiedereinsteller in der Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Dienstgrad Hauptmann in die Bundeswehr eingetreten. Im März ... wurde er zum Major befördert und mit Wirkung vom 1. Januar ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 13 eingewiesen. Seit September 2016 wurde er beim Kommando ... zunächst auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt und seit Oktober 2018 auf verschiedenen mit A 9 G bis A 11 bewerteten Dienstposten als Offizier des militärischen Nachrichtenwesens/Lagebearbeiter verwendet. Zum Oktober 2019 wurde er zum Kommando ... versetzt und dort auf einem mit A 13 H - A 14 bewerteten Dienstposten als Referent im Referat ... der Abteilung ... eingesetzt.
4 Im Juni 2021 schlugen ihn Vorgesetzte des Kommandos ... für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten vor. Unter dem 30. Juni 2021 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten aber wegen der Nichterfüllung von Antragsvoraussetzungen ab. Für das Auswahlverfahren wurde mit der Erstellung einer Sonderbeurteilung begonnen, die jedoch nicht zum Abschluss gebracht wurde. Jedoch hatte der Erstbeurteiler Fregattenkapitän A am 29. Juni 2021 seinen Anteil erörtert und unterzeichnet. Zu einer formellen Eröffnung der Erstbeurteilung und der Einholung einer Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten kam es nicht mehr. Die nicht abgeschlossene Sonderbeurteilung wurde nicht zu den Personalakten gegeben und nicht im Personalwirtschaftssystem erfasst.
5 Am 29. Mai 2021 erhielt der Antragsteller für treue Pflichterfüllung und überdurchschnittliche Leistungen das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber.
6 Im September ... wurde er zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. Juli ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Zum 1. Juli 2024 wurde er auf den Dienstposten eines Dezernatsleiters beim Zentrum ... in ... versetzt.
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1. Für den Zeitraum 26. Oktober 2018 bis 31. Juli 2021 erstellte der Erstbeurteiler Oberst B am 25. November 2021 seinen Anteil, der Zweitbeurteiler Generalmajor C seinen Anteil unter dem 21. Februar 2022. Die Beurteilung beschreibt die vom Antragsteller wahrgenommenen wesentlichen Aufgaben wie folgt:
"Maj ... erfasste, analysierte und bewertete Informationen als Lagebearbeiter MilNW SK bei ... Seit 01.10.2019 Wahrnehmung der Aufgaben als Sicherheitsbeauftragter ... sowie stv ReflLtr... und stv HöhOffzMilSichh..."
8 Im Beurteilungsformular ist angegeben, dass der Antragsteller dem Erstbeurteiler seit dem 1. Oktober 2019 unterstellt war. Weiter heißt es, Beurteilungsbeiträge lägen nicht vor. Als Grund dafür wird allerdings angeführt, erforderliche Beurteilungsbeiträge lägen vor und seien berücksichtigt worden.
9 Der Erstbeurteiler bewertete den Antragsteller als für Verwendungen mit besonderer Spezialisierung/Expertise besonders gut geeignet, für Stabsverwendungen sehr gut geeignet sowie für Führungs-, Lehr- und Ausbildungsverwendungen gut und für Verwendungen mit besonderer Außenwirkung geeignet. Er sah die Selbstkompetenz besonders stark ausgeprägt, die Fachkompetenz stark ausgeprägt, die Methoden-, Sozial- sowie die Führungs- und Managementkompetenz ausgeprägt. In der Leistungsbeurteilung wurden die Einzelmerkmale Zuverlässigkeit, Eigenständigkeit und Initiative sowie Motivation und Förderung von Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen mit "übertrifft die Leistungserwartungen regelmäßig in erheblichem Umfang" bewertet, während sieben weitere Einzelmerkmale - darunter das Führungsverhalten - mit "übertrifft die Leistungserwartungen überwiegend" und drei weitere Merkmale - die Dienstaufsicht und Kontrolle von Arbeitsergebnissen - mit "erfüllt die Leistungserwartungen und übertrifft sie teilweise" beurteilt wurden. Zwei weitere Einzelmerkmale wurden nicht bewertet.
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Die zusammenfassende Bewertung führt aus:
"Maj ... überzeugt durch sehr hohe Selbständigkeit und Initiative. Mit hervorragendem Berufsverständnis geht er an seine Aufgaben heran und konnte als Wiedereinsteller schnell aufholen und in Qualität und Quantität nicht erwartbare Leistungen auf Kdo-Ebene und in der Vertretung des RefLtr in einer sehr starken Vergleichsgruppe abliefern."
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Mit der ihm im Entwurf am 26. Oktober 2021 ausgehändigten, am 9. November 2021 erörterten und in der Schlussfassung am 25. November 2021 eröffneten Erstbeurteilung erklärte sich der Antragsteller nicht einverstanden. Er merkte an:
"In allen Zwischengesprächen brachten meine Vorgesetzten ihre absolute Zufriedenheit mit meinen Leistungen zum Ausdruck. Es wurde keinerlei Kritik oder eine Erwartungshaltung in Bezug auf erforderliche Verbesserung ausgesprochen. Ich zweifle an, dass der Inhalt der BU die Inhalte der BU-Beiträge adäquat widerspiegelt."
12 Der Zweitbeurteiler bestätigte die Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbeurteilung des Erstbeurteilers und vergab das Gesamturteil "D-".
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Zur Begründung heißt es:
"Maj ... agiert auf einem fachlich hohen Niveau mit einer bemerkenswerten Eigenständigkeit. In einem schwierigen Aufgabenumfeld versteht er es, Mitarbeitende mitzureißen und mitzunehmen. Das Gesamturteil ist das Ergebnis aus einer überaus starken Vergleichsgruppe."
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Auch mit dieser - ihm am 21. Januar 2022 im Entwurf ausgehändigten, mit ihm am 3. Februar 2022 erörterten und am 21. Februar 2022 in der Schlussfassung eröffneten - Zweitbeurteilung erklärte sich der Antragsteller ebenfalls nicht einverstanden und nahm wie folgt Stellung:
"Die Eingruppierung meiner Beurteilung in D- zweifle ich an: - Verleihung Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber und Vorschlag zum Berufssoldaten durch GM C im BU-Zeitraum - Klare Abweichung zu mündlich und schriftlich erfolgten Leistungsbewertungen im BU-Zeitraum - Abweichung des Gesamturteils von den Einzelnoten des Erstbeurteilers."
15 2. Für denselben Zeitraum wurde unter dem 25. November 2021 im Anteil Erstbeurteiler und unter dem 21. Februar 2022 im Anteil Zweitbeurteiler auch eine Personalentwicklungsbewertung in Bezug auf den Antragsteller erstellt und diesem am jeweiligen Erstellungstag auch eröffnet. Diese bescheinigte dem Antragsteller das Potential bis in die Besoldungsgruppe A 15, sah ihn für den Statuswechsel zum Berufssoldaten geeignet und schlug verschiedene Folgeverwendungen vor. Zu den ihm im Entwurf eröffneten und mit ihm jeweils erörterten Anteilen des Erst- und des Zweitbeurteilers verzichtete der Antragsteller auf eine Stellungnahme.
16 3. Unter dem 21. März 2022 beschwerte sich der Antragsteller gegen die planmäßige Beurteilung und die Personalentwicklungsbewertung. Er wandte ein, die Beurteilung sei zu weiteren Beurteilungen über ihn aus dem Beurteilungszeitraum, insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorschlag seiner Dienststelle zur Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten, unvereinbar. Nicht hinreichend berücksichtigt sei auch, dass ihm aus seiner Eigenschaft als Seiteneinsteiger kein Nachteil entstehen dürfe.
17 Der Inspekteur ... wies die Beschwerde mit Bescheid vom 9. Mai 2022, dem Antragsteller ausgehändigt am 11. Mai 2022, zurück. Die Beschwerde sei mangels Beschwer unzulässig. Der Antragsteller rüge keinen der nach Nr. 1203 AR A-1340/50 rügefähigen Punkte. Die Beurteilung stehe auch nicht im Widerspruch zu anderen Beurteilungen. Die Personalentwicklungsbewertung sehe ihn als zum Statuswechsel geeignet. Zwischen der Anlassbeurteilung vom 25. Oktober 2018 und der Beurteilung zum Stichtag 31. Juli 2021 würden keine weiteren Beurteilungen existieren. Aussagen von Vorgesetzten im Zusammenhang mit der Übernahme des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten würden durch die Beurteilung durchgängig bestätigt. Beurteilungen nach dem vor dem 30. Juli 2021 geltenden alten System seien mit den Beurteilungen nach dem neuen System nicht vergleichbar.
18 Am 13. Juni 2022 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde, die er nach Akteneinsicht begründete. Der Beschwerdebescheid spreche ihm zu Unrecht die Beschwerdebefugnis ab und verkenne, dass der Inspekteur den Beschwerdegegenstand nach Recht- und Zweckmäßigkeit umfassend zu prüfen habe. Das Beurteilungsverfahren sei trotz der erfolgten Änderungen im Grundmodell erhalten geblieben, so dass die vergebenen Noten nach altem und neuem System vergleichbar seien. Die geltenden Vorschriften genügten dem Wesentlichkeitsvorbehalt im Bereich des Art. 33 Abs. 2 GG nicht. Ihm sei zu keiner Zeit ein Leistungsabfall aufgezeigt worden. Dies wäre aber nötig gewesen, wenn ihm nunmehr eine signifikant schlechtere Leistung bescheinigt werde als in seiner vorherigen Beurteilung. Die vergebenen Bewertungen seien nicht plausibilisiert worden. Sie hätten auch darauf eingehen müssen, dass die Beurteiler ihn im Beurteilungszeitraum zum Berufssoldaten vorgeschlagen hätten und dass die entsprechende Beurteilung ihm weit überdurchschnittliche Leistungen bescheinigt habe. Nach der Beschwerdeakte sei nicht nachvollziehbar, dass das Beschwerdevorbringen sachlich geprüft worden sei.
19 Der Generalinspekteur der Bundeswehr wies die weitere Beschwerde mit Bescheid vom 15. März 2023, dem Antragsteller ausgehändigt am 21. März 2023 zurück.
20 Beurteilung und Personalentwicklungsbewertung seien rechtmäßig. Sie beruhten nicht auf einem rechtswidrigen Beurteilungssystem. Dieses beruhe auf einer ausreichenden normativen Grundlage. Die Vergabe des Gesamturteils sei nicht zu beanstanden. Dieses sei nicht willkürlich vergeben worden und lasse keine wesentlichen Erkenntnisse außer Betracht. Es stehe nicht in Widerspruch zu den Einzelbewertungen. Einen Anspruch auf Fortschreibung vorangegangener Beurteilungen gebe es nicht. Die Bewertungen im Zusammenhang mit der Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten stünden dem Gesamturteil nicht entgegen. Bei der Eignung für den Statuswechsel habe der Antragsteller sich keinem Leistungsvergleich innerhalb einer Vergleichsgruppe stellen müssen. Mit dem Gesamturteil sei keine negative Aussage über die Eignung zum Berufssoldaten verbunden. Auch die Personalentwicklungsbewertung begegne keinen rechtlichen Bedenken. Formale Fehler seien nicht erkennbar. Die Aussagen verletzten Rechte des Antragstellers nicht.
21 4. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 21. April 2023 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt und diesen Antrag nach erneuter Akteneinsicht begründet. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2024 dem Senat vorgelegt.
22 Der Antragsteller rügt die fehlende Rechtsgrundlage des Beurteilungssystems. Die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - zur Personalentwicklungsbewertung mache er sich zu eigen.
23 Zu beanstanden sei auch die Anwendung der Beurteilungsvorschriften. Die Beurteilung stehe im Widerspruch zu einer für seine Übernahme als Berufssoldat für nahezu denselben Zeitraum (einen Monat weniger als die Regelbeurteilung) erstellten Sonderbeurteilung. In dieser habe sein früherer Vorgesetzter Fregattenkapitän A am 29. Juni 2021 seine Leistungen nach dem alten Beurteilungssystem im Durchschnitt mit "8,86" bewertet, wobei für sechs Merkmale die Höchstnote und für ein weiteres Merkmal die zweithöchste Note vergeben worden sei. Im Vergleich damit bescheinige ihm die angegriffene Beurteilung bereits in der Bewertung der Einzelmerkmale einen erheblichen Leistungsabfall. Die dort vergebenen Einzelbewertungen entsprächen etwa einem Durchschnittswert von "6,5" nach altem System. Die Einzelmerkmale seien im Vergleich zur Sonderbeurteilung für einen um nur einen Monat längeren Zeitraum um näherungsweise zwei Notenstufen abgewertet worden. Nicht nachvollziehbar sei auch, warum die Personalentwicklungsbewertung nur eine A 15-Perspektive herstelle, während die Sonderbeurteilung Vorschläge für A 16-Verwendungen mache.
24 Entsprechend hätte auch die Verleihung des Ehrenkreuzes an ihn und deren Begründung in der Beurteilung berücksichtigt werden müssen.
25 Außerdem sei beim Vorgesetztenwechsel ein weiterer Beurteilungsvermerk erstellt worden, der nicht als tatsächliche Grundlage der Beurteilung angeführt sei. Zudem seien Zwischengespräche mit dem Erstbeurteiler nicht geführt worden. Dies wäre aber notwendig gewesen, wenn ihm ein erheblicher Leistungsabfall bescheinigt werden solle. Der Amtsvorgänger des Erstbeurteilers habe sehr wohl Zwischengespräche mit ihm geführt und in diesen keine Kritik an dienstlichen Leistungen geäußert.
26 Die Rechtmäßigkeit der Vergleichsgruppenbildung, insbesondere ihre Homogenität, sei ohne weitere Darlegung zu Leitungsfunktion und Status sowie zu dem Notenspiegel der Mitglieder nicht nachvollziehbar. Die Vergleichsgruppe sei unzulässig gemischt gebildet worden. Für Personal mit Leitungsfunktion sei keine gesonderte Vergleichsgruppe gebildet worden. Ein Vergleich von Berufs- und Zeitsoldaten sei wegen der statusrechtlichen Unterschiede nicht angängig. Grund für die Abwertung des Antragstellers sei der Umstand, dass vor seiner Einbeziehung die Abstimmungsgespräche bereits abgeschlossen gewesen seien. Seine ungünstige Gesamtnote beruhe darauf, dass er bei den Abstimmungsgesprächen überhaupt nicht vorgestellt worden sei und sich dann habe "hinten anstellen" sollen.
27 Der Generalinspekteur der Bundeswehr regt an, dem Antrag im Hinblick auf die Personalentwicklungsbewertung stattzugeben, ihn im Übrigen aber zurückzuweisen.
28 Nach Maßgabe der Entscheidung des Senats vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - sei die Personalentwicklungsbewertung aufzuheben. Einer Aufhebung durch das Bundesministerium der Verteidigung habe es nicht bedurft, weil dieses angewiesen habe, die bis zum Beschluss des Senats vom 29. August 2022 - 1 WB 64.22 - erstellten Personalentwicklungsbewertungen nicht für Auswahlentscheidungen heranzuziehen.
29 Die Beurteilung sei hingegen nicht zu beanstanden. Aus der aus Anlass des Antrages zur Übernahme des Antragstellers in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten erstellten Sonderbeurteilung ließen sich keine Folgerungen für die Regelbeurteilung ableiten. Die Sonderbeurteilung sei als solche nicht abgeschlossen, sondern nur vom Erstbeurteiler erstellt und mit dem Antragsteller erörtert worden. Sie sei vom Antragsteller nicht unterzeichnet und es fehle eine Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten. Daher sei sie als nicht existent zu bewerten und nicht im Personalwirtschaftssystem enthalten. Die für den Antragsteller 2018 erstellte Anlassbeurteilung mit einem Durchschnittswert von "7,0" passe in das in der streitgegenständlichen Regelbeurteilung wiedergegebene Leistungsbild. Ein erheblicher Leistungsabfall ergebe sich danach nicht. Dass der Antragsteller 2023 wesentlich besser beurteilt sei, spreche nicht für die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Beurteilung. Diese stehe der Förderung des Antragstellers nicht entgegen. Vielmehr sei er dennoch zum Oberstleutnant befördert worden.
30 Die Vergleichsgruppe sei nicht zu beanstanden. Sie sei nicht durchmischt. Vielmehr sei eine Vergleichsgruppe der Dotierungshöhe A 13/A 14 ohne Leitungsfunktion gebildet worden, da es keine Dienstposten mit Leitungsfunktion dieser Dotierungshöhe gebe. Dass die Einzelmerkmale 1.13 bis 1.15 bewertet worden seien, sei Nr. 628 AR A-1340/50 geschuldet und verlange keine Zuordnung zu einer Vergleichsgruppe mit Leitungsfunktion.
31 Das Gesamturteil "D-" begegne vor dem Hintergrund der mit 7 Soldaten relativ kleinen Vergleichsgruppe keinen Bedenken. Es attestiere eine über dem Durchschnitt liegende Leistung und stehe nicht im Widerspruch zu den Bewertungen des Erstbeurteilers. Zwar bestehe bei kleineren Vergleichsgruppen die Möglichkeit der Abweichung von Richtwertvorgaben. Die Entscheidung sei aber als höchstpersönliches Werturteil des Beurteilers der Überprüfung entzogen. Der Vortrag des Antragstellers zum Zeitpunkt seiner Einbeziehung in die Abstimmungsgespräche sei spekulativ und unsubstantiiert. Die Abstimmungsgespräche für die gesamte Vergleichsgruppe des Antragstellers seien vorschriftenkonform durchgeführt worden.
32 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
33 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
34 1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO), dass er die Aufhebung seiner planmäßigen Beurteilung zum Stichtag 31. Juli 2021 in den Anteilen des Erst- und des Zweitbeurteilers sowie die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Veranlassung einer neuen Beurteilung zu diesem Stichtag nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats begehrt. Außerdem verlangt er die Aufhebung der parallel erstellten Personalentwicklungsbewertung in beiden Anteilen.
35 2. Der Antrag ist zulässig.
36 a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der planmäßigen Beurteilung. Insbesondere hat der Antragsteller mit Recht die Regelbeurteilung insgesamt und nicht lediglich den Anteil des Zweitbeurteilers zum Gegenstand seines Antrages gemacht. Denn im Rahmen des seit dem 31. Juli 2021 geltenden Beurteilungssystems stellt allein die dienstliche Beurteilung und nicht deren von dem Erst- und dem Zweitbeurteiler gefertigten Anteile die mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 32).
37 Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Zwar sind Aussagen und Wertungen in Beurteilungen zur Persönlichkeit, Eignung, Befähigung und Leistung der Beurteilten grundsätzlich nicht anfechtbar (vgl. auch Nr. 1201 Satz 1 AR A-1340/50). Sie sind als höchstpersönliche Werturteile einer inhaltlichen gerichtlichen Prüfung nicht zugänglich. Ein Soldat kann jedoch eine Beurteilung mit der Begründung anfechten, sie verstoße gegen Rechte, die ihm in Bezug auf die Erstellung von Beurteilungen eingeräumt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 27 m. w. N. und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 31.17 - NVwZ-RR 2019, 54 Rn. 23). Dies macht der Antragsteller geltend, indem er Verstöße gegen Beurteilungsgrundsätze, insbesondere zur Widerspruchsfreiheit der Beurteilung (Nr. 401 AR A-1340/50), zum Bewertungsmaßstab (Nr. 403 AR A-1340/50) und zur Bildung von Vergleichsgruppen (Nr. 905 ff. AR A-1340/50 und Anlage 15.1) rügt.
38 b) Zulässig ist auch der gegen die Personalentwicklungsbewertung gerichtete Antrag.
39 Auch diese stellt eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) dar. Auch die Personalentwicklungsbewertung bildet als alle ihre Bestandteile übergreifende Einheit die dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO, die zum Gegenstand eines gerichtlichen Antragsverfahrens nach der Wehrbeschwerdeordnung gemacht werden kann (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 64.22 - BVerwGE 180, 140 Rn. 19 ff.).
40 Der Antragsteller ist auch insoweit antragsbefugt. Er hat - wie hinsichtlich der Regelbeurteilung - einen Anspruch darauf, dass die Einschätzung seiner Eignung und Befähigung für künftige Verwendungen (§ 2 Abs. 2 SLV) in der Personalentwicklungsbewertung den Grundsätzen der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG entspricht.
41 Das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Personalentwicklungsbewertung fehlt nicht deshalb, weil der Dienstherr durch Erlass ausgeschlossen hat, dass auf die fragliche Personalentwicklungsbewertung bei Auswahlentscheidungen abgestellt wird. Denn die streitgegenständliche Personalentwicklungsbewertung ist Teil der Personalgrundakte des Antragstellers. Er hat ein schützenswertes Interesse daran, dass nur auf ausreichender Rechtsgrundlage erstellte Einschätzungen seiner Eignung und Befähigung Teil der über ihn vom Dienstherrn geführten Personalunterlagen sind.
42 3. Der Antrag ist auch begründet. Die Regelbeurteilung des Antragstellers zum Stichtag 31. Juli 2021, die zum selben Stichtag erstellte Personalentwicklungsbewertung und die Beschwerdebescheide des Inspekteurs ... vom 9. Mai 2022 und des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 15. März 2023 sind rechtswidrig. Sie sind daher ebenso wie die streitgegenständliche Personalentwicklungsbewertung aufzuheben (§ 19 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WBO). Das Bundesministerium der Verteidigung ist verpflichtet, auf eine neue Beurteilung des Antragstellers zum genannten Stichtag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinzuwirken (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).
43 a) Die Personalentwicklungsbewertung ist - entsprechend dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten - bereits deshalb aufzuheben, weil es ihr bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Erstellung an einer hinreichenden normativen Grundlage fehlt und eine übergangsweise Fortgeltung der im Wesentlichen auf Verwaltungsvorschriften gestützten Praxis ausscheidet (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 64.22 - BVerwGE 180, 140 Rn. 31 ff.). Der Gesetzgeber hat zwar mit § 27a Abs. 3 und 4, § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG eine Rechtsgrundlage auch für die Personalentwicklungsbewertung geschaffen, diese aber erst mit Wirkung vom 23. Dezember 2023 und nicht rückwirkend für den hier in Rede stehenden Beurteilungszeitraum geschaffen.
44 b) Der Anspruch auf Aufhebung folgt allerdings hinsichtlich der planmäßigen Beurteilung nicht schon daraus, dass es den hier maßgeblichen untergesetzlichen Beurteilungsvorschriften ebenso wie ihren Vorgängerbestimmungen zum Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage fehlte. Denn die am Beurteilungsstichtag 31. Juli 2021 geltenden Vorschriften der §§ 2, 3 SLV und die hierzu ergangenen Allgemeinen Regelungen (AR) A-1340/50 "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten" konnten auch vor Inkrafttreten von § 27a SG in der Fassung vom 20. Dezember 2023 für eine Übergangszeit weiter angewandt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 35 ff. m. w. N.). Für diese Übergangszeit ist auch dem Antragsteller die Anwendung der Vorgaben der AR A-1340/50 in der zum Beurteilungsstichtag geltenden Fassung zumutbar, weil bislang in gefestigter Rechtsprechung stets vom Ausreichen der Ermächtigungsgrundlage der Beurteilungsbestimmungen ausgegangen worden ist und weil nicht festzustellen ist, dass die für seine Beurteilung maßgeblichen Bestimmungen der AR A-1340/50 ebenso wie ihre Vorgängerbestimmungen materiell-rechtlich verfassungsrechtlichen Vorgaben ihrem Inhalt nach nicht genügen und seine Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte verletzen würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 49 ff. m. w. N.).
45 c) Die hier streitgegenständliche Regelbeurteilung sowie die dazu ergangenen Beschwerdebescheide sind aber auch bei Anwendung der AR A-1340/50 rechtswidrig.
46 aa) Dienstliche Beurteilungen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. – auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - juris Rn. 38, vom 21. März 2019 - 1 WB 6.18 - juris Rn. 28 und vom 26. November 2020 - 1 WRB 2.19 - juris Rn. 24 m. w. N.). Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das Bundesministerium der Verteidigung Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen (BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 - 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 30 m. w. N.).
47 Der inhaltliche Kern der Beurteilung, also die Ausfüllung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes des Soldaten, ist dagegen einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen, weil es sich hierbei um ein höchstpersönliches, subjektives und insofern unvertretbares Werturteil des Beurteilenden handelt, das nicht durch die Einschätzung eines Außenstehenden ersetzt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. April 2013 - 1 WB 34.12 - juris Rn. 23).
48 bb) Hiernach genügt die streitgegenständliche Beurteilung weder dem Plausibilisierungserfordernis noch dem Gebot der inneren Widerspruchsfreiheit.
49 aaa) Die streitgegenständliche Beurteilung ist allerdings nicht bereits deswegen aus formellen Gründen aufzuheben, weil - wie der Antragsteller rügt - nicht ausreichend bzw. nicht ordnungsgemäß Beurteilungs- oder Zwischengespräche über seine Leistungen mit ihm geführt worden seien, er insbesondere nicht auf Defizite hingewiesen worden sei.
50 Vorliegend weist die Erstbeurteilung aus, dass jedenfalls mit dem Erstbeurteiler, dem der Antragsteller seit dem 1. Oktober 2019 unterstellt war, weder ein Einführungsgespräch noch ein Zwischengespräch geführt wurde. Die Verletzung der in Nr. 521 und Nr. 525 AR A-1340/50 statuierten Betreuungspflichten im Beurteilungszeitraum führt allerdings nicht zur Aufhebung der Beurteilung und zur Verpflichtung zu einer Neuerstellung (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 55 bis 58 m. w. N.). Dieser Fehler bei der Personalführung betrifft den Zeitraum vor der dienstlichen Beurteilung und nicht das Beurteilungsverfahren im engeren Sinne. Denn darin kann nur die tatsächlich erbrachte Leistung und nicht eine bei besserer Personalführung denkbare Leistungssteigerung bewertet werden. Aus diesem Grund kann die dienstliche Beurteilung auf einem solchen Fehler nicht im Sinne des § 46 VwVfG beruhen. Unabhängig davon ist eine Verletzung der Verfahrensbestimmungen in den Nr. 521 und 525 AR A-1340/50 einer Heilung nicht zugänglich. Etwas anderes folgt entgegen der Einschätzung des Antragstellers auch nicht aus dem Umstand, dass ihm zu keinem Zeitpunkt Defizite aufgezeigt wurden und ihm lediglich ein "D-" als Gesamtnote zugebilligt wurde, während der Amtsvorgänger des Erstbeurteilers die Leistungen des Antragstellers als deutlich überdurchschnittlich beurteilte. Der Umstand, dass der fragliche Verfahrensfehler rückwirkend nicht heilbar ist, gilt auch dann, wenn sich die Leistungen im Beurteilungszeitraum verschlechtert haben.
51 bbb) Durchgreifende formale Bedenken folgen auch nicht aus der Rüge einer nicht ordnungsgemäßen Einbeziehung in die Abstimmungsgespräche.
52 Dass die Durchführung von Abstimmungsgesprächen nicht den Vorgaben nach Nr. 531 ff. AR A-1340/50 genügt hätten, ist mit der Beschwerde oder der weiteren Beschwerde und den ersten Begründungen des Antrages auf gerichtliche Entscheidung nicht geltend gemacht worden. Erstmals mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2024 trägt der Antragsteller vor, er sei bei den Abstimmungsgesprächen überhaupt nicht vorgestellt und in diese auch nicht einbezogen worden. Er führt aber nicht aus, aus welchen tatsächlichen Umständen er dies schließt und macht damit nicht plausibel, dass für die Richtigkeit seiner Behauptung zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Das Bundesministerium der Verteidigung ist der Behauptung ausdrücklich mit dem Vortrag entgegengetreten, die Abstimmungsgespräche für die gesamte Vergleichsgruppe des Antragstellers seien vorschriftenkonform durchgeführt worden.
53 Mangels ausreichender konkreter Anhaltspunkte für die aufgestellte Behauptung ist auch der auf die Vernehmung des Erstbeurteilers zielenden Beweisanregung nicht nachzugehen. Dies verlangt auch der Amtsermittlungsgrundsatz nicht. Es handelt sich nämlich um einen bloßen Ausforschungsantrag, der dem Gericht eine Beweiserhebung nicht nahelegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 - juris Rn. 4 und vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 - juris Rn. 7 m. w. N.).
54 ccc) Jedoch genügt die Regelbeurteilung unter mehreren Aspekten den materiell-rechtlichen Anforderungen nicht.
55 (1) Die Regelbeurteilung war bereits deshalb rechtswidrig, weil die Bewertung der Leistung im Beurteilungszeitraum nicht nachvollziehbar erläutert worden und der Dienstherr damit seiner Verpflichtung zur Plausibilisierung nicht nachgekommen ist.
56 (a) Zwar ist es vor dem Hintergrund, dass dienstliche Beurteilungen in einer großen Zahl vergleichbarer Fälle zeitgleich erlassen werden, grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr die Begründung von dienstlichen Beurteilungen standardisiert und vereinfacht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - BVerwGE 60, 245 <246 f.>). Nach dem Rechtsgedanken des § 39 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG darf der Dienstherr sich darauf beschränken, in den dienstlichen Beurteilungen nur die zusammenfassenden Werturteile (Benotungen) zu den für bestimmte Ämter maßgeblichen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungskriterien mitzuteilen und aus diesen Einzelbeurteilungen ein Gesamturteil zu bilden. Für die Einzelbewertungen kann er auch - wie hier - ein Ankreuzverfahren vorsehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - BVerwGE 153, 48 Rn. 11 und Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 60 ff.).
57 Allerdings muss der Dienstherr die Leistungsbewertung nachvollziehbar und plausibel erläutern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 65 ff. m. w. N.). Steht eine auf Werturteilen beruhende Beurteilung zur gerichtlichen Überprüfung an, kann das Gericht nicht die Darlegung und den Nachweis der einzelnen "Tatsachen" verlangen, die diesen Werturteilen in ihrem Ursprung auch zugrunde liegen. Ein solches Verlangen ließe außer Acht, dass die einem Werturteil zugrunde liegenden einzelnen tatsächlichen Vorgänge in der - zusammenfassenden und wertenden - persönlichen Beobachtung des Urteilenden verschmolzen und als solche nicht mehr feststellbar sind. Auch eine solche Beurteilung muss jedoch in einer die gerichtliche Nachprüfung ermöglichenden Weise klar abgefasst sein. Etwaige Defizite kann der Beurteiler im Rahmen der Eröffnung und Besprechung der dienstlichen Beurteilung ausgleichen, indem er dem Soldaten die getroffenen Werturteile und ihre Grundlagen näher erläutert. Die Verpflichtung zur Plausibilisierung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile und die Darlegung von Zweifeln an der Richtigkeit dieser Werturteile stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander. Hält der Soldat die dienstliche Beurteilung trotz einer Erläuterung durch den Dienstherrn für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die er entweder für unklar oder für unzutreffend hält. Hat der Dienstherr seinen Standpunkt etwa in Gesprächen dargestellt, genügt es danach nicht mehr, Einzelbewertungen oder das Gesamturteil als nicht nachvollziehbar zu bezeichnen. In einer solchen Situation liegt es vielmehr am Soldaten klarzustellen, hinsichtlich welchen Werturteils und aus welchem Grund er einen weiteren Erläuterungsbedarf sieht (BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2018 - 1 WB 31.17 - NVwZ-RR 2019, 54 Rn. 46). Entspricht der Soldat diesen Anforderungen, etwa im Beschwerdeverfahren, ist der Dienstherr gehalten, der Kritik nachzugehen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, um seiner Plausibilisierungspflicht zu genügen und hierdurch die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung zu wahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240 Rn. 37).
58 (b) Daran fehlt es vorliegend jedoch.
59 Der Antragsteller hat sowohl in seinen schriftlichen Stellungnahmen zu den Anteilen des Erst- und des Zweitbeurteilers als auch in den Begründungen der Beschwerde jeweils vorgetragen, dass andere Vorgesetzte als der Erstbeurteiler seine Leistungen erheblich besser beurteilen würden. Er hat diesen Vortrag durch die Bezugnahme auf die Verleihung einer Auszeichnung für überdurchschnittliche Leistungen und auf konkrete Stellungnahmen von Vorgesetzten im Rahmen seines gescheiterten Antrages auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten substantiiert. Jedenfalls nach seinem Vorbringen zur weiteren Beschwerde war eindeutig, dass er sich konkret auf den Anteil des Erstbeurteilers zu seiner in diesem Kontext vom Bundesamt für das Personalmanagement beauftragten Sonderbeurteilung bezog.
60 Diesen Einwänden ist der Dienstherr aber auch im Beschwerdeverfahren nicht nachgegangen und hat sich inhaltlich nicht damit auseinandergesetzt. Vielmehr beschränken sich die Ausführungen der beiden Beschwerdebescheide auf pauschale Ausführungen zur Unvergleichbarkeit von Beurteilungen nach altem und neuem Beurteilungssystem. Es hätte aber dem Dienstherrn oblegen, den Erst-und den Zweitbeurteiler um Stellungnahmen zu bitten, wieso ihnen die vergebenen Einzel- und Gesamtnoten auch vor dem Hintergrund der konkret in Bezug genommenen Indizien für bessere Leistungen angemessen erschienen. Eine nur formale Betrachtung und der pauschale Verweis auf höchstpersönliche Einschätzungsspielräume der Beurteiler wird dem Plausibilisierungserfordernis nicht gerecht. Hierbei ist unerheblich, dass die Sonderbeurteilung weder vollständig erstellt, noch durch formelle Eröffnung wirksam geworden und in das Personalbewirtschaftungssystem eingepflegt worden ist. Jedenfalls der Anteil des Erstbeurteilers war als konkrete, den Beurteilungszeitraum betreffende und mit dem Antragsteller im Entwurf auch erörterte Einschätzung eines weiteren Vorgesetzten in der Welt und dem Antragsteller auch formlos ausgehändigt worden. Hiernach war eine Auseinandersetzung des Erst- und Zweitbeurteilers mit den ausführlichen Darlegungen zu den Leistungen des Antragstellers möglich und geboten, auch wenn die Sonderbeurteilung selbst schon mangels einer vollständigen Erstellung nicht die Qualität einer Beurteilung oder eines Beurteilungsbeitrages hat. Allein der Verweis auf den fehlenden Anspruch auf Fortschreibung vorangegangener Beurteilungen ist zu pauschal, um dem Plausibilisierungserfordernis genügen zu können.
61 (2) Hinzu kommt noch, dass die Rechtswidrigkeit der Beurteilung auch aus ihrer inneren Widersprüchlichkeit entgegen Nr. 401 Satz 1 AR A-1340/50 folgt.
62 In der Leistungsbeurteilung des Antragstellers sind alle bewerteten Einzelmerkmale mit der Wertungsstufe "erfüllt die Leistungserwartungen und übertrifft sie teilweise" und besser bewertet worden. Dabei entsprechen dieser Bewertung drei Merkmale, während sieben Merkmale eine und drei Merkmale zwei Wertungsstufen höher eingeschätzt wurden. Die Eignungsbeurteilung bewertet ihn nur für eine Verwendungsart mit geeignet, für vier weitere Verwendungsarten aber gut, sehr gut oder besonders gut geeignet. Die Befähigungsbeurteilung sieht drei Einzelmerkmale ausgeprägt, zwei weitere aber stark bzw. besonders stark ausgeprägt. Das Gesamturteil "D" bedeutet nach Nr. 907 AR A-1340/50, dass die Anforderungen durch den Soldaten in vollem Umfang erfüllt und teilweise übertroffen wurden. Er erbringe mindestens anforderungsgerechte Leistungen und teilweise darüber hinaus. Nach Nr. 908 AR A-1340/50 wird eine Normalleistung mit den Wertungsbereichen "D" und "E" abgebildet. Zwar ist das Gesamturteil nicht mathematisch aus den Bewertungen in der Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbewertung ableitbar, muss sich jedoch gleichwohl schlüssig aus diesen ergeben (Nr. 905 Satz 2 AR A-1340/50). Hieran fehlt es aber vor allem im Vergleich der Leistungsbeurteilung mit dem Gesamturteil. Denn nur etwa ein Viertel der Merkmale sind mit einer dem Gesamturteil "D" entsprechenden Einzelnote bewertet, während etwa drei Viertel der Einzelmerkmale besser bewertet wurden. Auch die Leistungs- und Befähigungsbeurteilung weisen eine jedenfalls erkennbare Tendenz zu überdurchschnittlichen Werten auf. Hiernach ist nicht schlüssig begründet, dass das Gesamturteil eine Durchschnittsleistung ausweist, wobei die Notenstufe "D", die nur dem geringeren Teil der Einzelbewertungen entspricht, auch noch mit dem "-" abgesenkt wird, obwohl der ganz überwiegende Teil der Einzelbewertungen eine Tendenz nach oben zeigt. Dies wird auch nicht durch den Hinweis auf eine "sehr starke" oder "überaus starke Vergleichsgruppe" schlüssig. Denn in der Vergleichsgruppe wurde nur einmal ein "B+" und einmal ein "C" vergeben, während allen anderen Mitgliedern lediglich Normalleistungen bescheinigt wurden. Von einer "sehr" oder "überaus starken" Vergleichsgruppe kann daher objektiv nicht gesprochen werden.
63 (3) Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob auch die Zuordnung des Antragstellers zu einer Vergleichsgruppe zu beanstanden ist. Insofern sind bei der erforderlichen Neuerstellung der Beurteilung allerdings zusätzliche tatsächliche Ermittlungen nötig, um eine Rechtswidrigkeit auch der neuerstellten Beurteilung auszuschließen. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
64 (a) Den grundgesetzlichen und gesetzlichen Vorgaben nach ist zwar das System der Berücksichtigung von Richtwertvorgaben nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 und 3 SLV und die hierfür erforderliche Bildung von Vergleichsgruppen als solches nicht zu beanstanden (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 50 ff. m. w. N.).
65 Die für den einzelnen Beurteiler maßgebliche Vergleichsgruppe muss aber für eine korrekte Anwendung der geforderten Vorgaben so hinreichend homogen sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten. Nur dann können diese Beurteilungskriterien bei den einzelnen Soldaten miteinander verglichen und in eine bestimmte Rangfolge nach der Notenskala gebracht werden. § 3 Abs. 2 Satz 1 SLV bezeichnet als hinreichend homogen neben der Gruppe der Soldaten desselben Dienstgrades und derselben Besoldungsgruppe auch die Gruppe der Soldaten derselben Funktionsebene. Bei der auf diese Weise gebildeten Vergleichsgruppe ist das Kriterium für die Gruppenzugehörigkeit die Innehabung eines Dienstpostens mit weitgehend denselben Anforderungen; die Ähnlichkeit der verrichteten Aufgaben ist der tragende Grund für die Vergleichbarkeit. Bei der Vergleichsgruppenbildung nach Funktionsebenen werden die Leistungsanforderungen nicht aus dem Statusamt hergeleitet, sondern daran orientiert, welche Anforderungen die durch die Wahrnehmung der im Wesentlichen gleichen Aufgaben gekennzeichneten Dienstposten übereinstimmend stellen (BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 1 WB 51.10 - BVerwGE 141, 113 Rn. 40). Nach Nr. 1 der Anlage 15.1 ("Übersicht Vergleichsgruppen gemäß § 3 Absatz 2 SLV") zur AR A-1340/50 dürfen Soldatinnen und Soldaten mit Leitungsfunktion grundsätzlich nicht mit Soldatinnen und Soldaten der Vergleichsgruppe ohne Leitungsfunktion verglichen werden (BVerwG, Beschluss vom 29. August 2023 - 1 WB 60.22 - BVerwGE 180, 116 Rn. 75). Dabei kann die Bewertung und Festlegung der Vergleichsgruppe nach Funktionsebene sachgerecht nur durch die verantwortlichen Vorgesetzten vor Ort vorgenommen werden und soll durch den Zweitbeurteilenden grundsätzlich vor Beginn eines Beurteilungszeitraums festgelegt werden.
66 Für die Vergleichsgruppenbildung nach der Funktionsebene im Sinne des § 3 Abs. 2 SLV kommt es nach dem Wortlaut der Norm nur darauf an, dass die Soldatin oder der Soldat die Funktionsebene erreicht hat. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann auch das Erfordernis hergeleitet werden, dass die Funktion in einem beurteilungsrelevanten Zeitraum ausgeübt worden ist. Entscheidend ist allein, dass er in beurteilungsrelevantem Umfang solche Tätigkeiten ausgeübt hat (BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2024 - 1 WB 27.24 - juris Rn. 41. Insoweit kommt es darauf an, ob die stellvertretende Wahrnehmung der Aufgaben des Referatsleiters eine Dauer von etwa sechs Monaten erreicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 WB 15.20 - juris Rn. 49).
67 (b) Hierzu sind weitere Ermittlungen veranlasst. Dass der Antragsteller im Beurteilungszeitraum in beurteilungsrelevantem Umfang Leitungsfunktionen wahrgenommen hat, indiziert die Bewertung der Einzelmerkmale 1.13 bis 1.15 in der Leistungsbeurteilung des Anteils Erstbeurteiler. Zudem weist die zusammenfassende Bewertung auch auf in Qualität und Quantität nicht erwartbare Leistungen des Antragstellers auf Kommando-Ebene und in der Vertretung des Referatsleiters hin. Ob der Antragsteller den Referatsleiter hiernach in einem hinreichend langen zusammenhängenden Zeitraum vertreten hat, wird weiter zu klären sein.
68 Soweit die Bildung einer Vergleichsgruppe A 13/14 mit Leitungsfunktion aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sein sollte, ist die erfolgte Vergleichsgruppenbildung nicht allein deswegen aufrechtzuerhalten. Denn hier ist nach der Bezeichnung der Vergleichsgruppe eindeutig eine Bildung nach Funktionsebenen erfolgt. Ist dies nicht möglich, muss geprüft werden, ob eine - vorzugsweise sogar hinreichend große - Vergleichsgruppe gemäß § 3 Abs. 2 SLV alternativ nach Dienstgrad und/oder Statusgruppe gebildet werden kann. Eine solche Vergleichsgruppenbildung lag der konkreten Beurteilung aber gerade nicht zugrunde. Dahinstehen kann vor diesem Hintergrund derzeit auch, ob die - angesichts der 20 Mitglieder unterschreitenden Größe der Vergleichsgruppe nach Nr. 913 ff. und Anlage 15.4 AR A-1340/50 - gebotene Differenzierung bei den Richtwertvorgaben ordnungsgemäß umgesetzt worden ist. Auch dies wird ergänzend zu prüfen sein.
69 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO.